Braille Tastatur eine wichtige Unterstützung für die Barrierefreiheit im Webdesign.

„Barrierefreiheit sollte ein Teil des Webdesign-Prozesses sein“

Digitale Barrierefreiheit ist für viele Kleinunternehmen ein Thema, das oft übersehen wird – dabei ist sie ebenso wichtig wie eine mobile Optimierung. Eine zugängliche Website ermöglicht nicht nur Menschen mit Einschränkungen den Zugang, sondern verbessert die Nutzererfahrung für alle. Mein Ziel ist es, das Bewusstsein für Barrierefreiheit in der Gesellschaft und besonders in Kleinunternehmen zu stärken. Doch wie setzt man Barrierefreiheit richtig um?

Luciano Buttera vom schweizerischen Blinden- und Sehbehindertenverband im Interview über Barrierefreiheit im Webdesign.

Ich habe mit Luciano Butera, von der Fachstelle für Technologie & Innovation vom Schweizerischen Blinden- und Sehbehindertenverband (SBV) gesprochen, um herauszufinden, welche Herausforderungen es gibt, welche Fehler häufig gemacht werden und was KMU konkret tun können.

Herr Butera, warum ist Barrierefreiheit im Webdesign heute so wichtig?
Luciano Butera: Viele Menschen sind darauf angewiesen, dass eine Website barrierefrei ist – sei es aufgrund einer Sehbehinderung, motorischer Einschränkungen oder anderer Beeinträchtigungen. Gleichzeitig profitieren alle Nutzer:innen von einer gut strukturierten und verständlichen Website.

Die Digitalisierung kann ein grosser Vorteil sein – wenn sie richtig gemacht wird. Doch leider sind viele Websites so gestaltet, dass sie für sehbehinderte Menschen unzugänglich bleiben. Blinde Menschen nutzen Screenreader, während sehbehinderte Menschen oft auf gute Kontraste, flexible Schriftgrössen und Zoom-Funktionen angewiesen sind. Diese unterschiedlichen Bedürfnisse müssen beim Webdesign berücksichtigt werden.

Was sind die häufigsten Fehler, die Unternehmen machen?
Luciano Butera: Ein grosser Fehler ist, dass Barrierefreiheit erst im Nachhinein berücksichtigt wird – wenn die Website schon online ist. Dann wird es teuer und aufwendig. Eigentlich sollte sie von Anfang an Teil des Design-Prozesses sein, so wie es heute mit der mobilen Optimierung selbstverständlich ist.

Weitere häufige Fehler sind:

  • Schlechte Kontraste – Helles Grau auf Weiss ist kaum lesbar.
  • Unverständliche Navigation – Wenn Buttons oder Links keine klaren Beschriftungen haben.
  • Fehlende Alternativtexte für Bilder – Diese sollten bereits im Design-Prozess erstellt und nicht erst nachträglich hinzugefügt werden.
  • Komplexe Formulare ohne klare Beschriftung – Nutzer:innen sollten genau wissen, welche Informationen wo eingetragen werden müssen.
  • Überladene Websites – Zu viele visuelle Elemente erschweren die Orientierung und lenken ab.

Wie kann ein kleines Unternehmen Barrierefreiheit umsetzen, ohne grosse Kosten zu verursachen?
Luciano Butera: Es muss nicht teuer sein, wenn man die Basics beachtet. Ich empfehle, mit kleinen Schritten zu beginnen:

  • Gute Farbkontraste – Teste deine Website mit Tools wie WebAIM Contrast Checker.
  • Strukturierte Inhalte – Verwende klare Überschriften (H1, H2, H3) und eine logische Navigation.
  • Alternativtexte für Bilder von Anfang an einplanen – Nicht erst nachträglich hinzufügen.
  • Screenreader-Test – Probiere deine Website mit einem kostenlosen Screenreader aus.
  • Formulare zugänglich machen – Beschrifte Felder korrekt, anstatt nur Platzhaltertexte zu nutzen.
  • Blinde und sehbehinderte Menschen in Usability-Tests einbeziehen – Direkte Rückmeldungen helfen, echte Probleme zu erkennen.
  • Jede Website muss vollständig ohne Maus bedienbar sein. Alle Bedienelemente sollten mit der Tastatur erreichbar sein, damit Menschen mit motorischen Einschränkungen oder Sehbehinderungen uneingeschränkt navigieren können.

Welche Rolle spielt Barrierefreiheit für die Suchmaschinenoptimierung (SEO)?
Luciano Butera: Eine riesige! Barrierefreies Webdesign verbessert gleichzeitig dein Google-Ranking. Warum? Weil Google ähnliche Kriterien verwendet wie Screenreader:

  • Klare Überschriftenstruktur → Bessere Lesbarkeit für Google.
  • Alternativtexte für Bilder → Mehr Keywords, bessere Auffindbarkeit.
  • Saubere HTML-Struktur → Google kann die Inhalte besser interpretieren.

Es lohnt sich also nicht nur für die Nutzer:innen, sondern auch für die Sichtbarkeit deiner Website.

Welche Trends sehen Sie in den nächsten Jahren im Bereich Barrierefreiheit?
Luciano Butera: Automatisierte Tests werden immer besser, aber sie ersetzen keine menschliche Überprüfung. Grosse Unternehmen setzen bereits auf künstliche Intelligenz zur Barrierefreiheitsprüfung, aber kleine Unternehmen können schon mit simplen Methoden viel erreichen.

Ich hoffe, dass Barrierefreiheit bald so selbstverständlich wird wie mobile Optimierung – denn letztlich geht es darum, dass alle Menschen uneingeschränkt am digitalen Leben teilhaben können.

Fazit: Kleine Schritte – grosse Wirkung

Barrierefreiheit ist kein Luxus, sondern ein wichtiger Bestandteil jeder professionellen Website. Wer frühzeitig darauf achtet, vermeidet teure Anpassungen und sorgt für eine bessere Nutzererfahrung – nicht nur für Menschen mit Einschränkungen, sondern für alle Besucher:innen.

FAQ – Häufig gestellte Fragen zur Barrierefreiheit im Webdesign

Ist Barrierefreiheit nur für grosse Unternehmen relevant?
Nein, auch kleine Unternehmen profitieren von einer besseren User Experience und einer grösseren Zielgruppe.

Wie kann ich testen, ob meine Website barrierefrei ist?
Nutze Screenreader oder Online-Tools wie Wave von WebAIM.

Ist Barrierefreiheit teuer?
Nicht, wenn sie von Anfang an eingeplant wird. Kleinere Anpassungen wie bessere Kontraste oder Alternativtexte kosten wenig, bringen aber viel.

Gibt es gesetzliche Vorgaben für KMU in der Schweiz?
Ab Juni 2025 wird der European Accessibility Act (EAA) in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union verbindlich in Kraft treten. Ab diesem Datum müssen Websites und Online-Shops, die Kunden im EU-Raum bedienen, die Anforderungen an Barrierefreiheit erfüllen.

Welche Vorteile hat Barrierefreiheit ausserhalb der Inklusion?
Bessere Usability, höhere Kundenzufriedenheit und oft auch ein besseres Google-Ranking durch saubere Strukturen und klare Inhalte.

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Bild: sbv fsa